Geschichte der Cessna C175 Skylark

von Patrick Kisel

Die Geschichte der Cessna 175 (für viele von uns auch nur eine Cessna 172) beginnt im Jahre 1955 als einem Continental Vertreter nicht gefiel, dass Cessna versuchsweise und auf unterer Entscheidungsebene den C172 Prototypen mit einem Lycoming O-320 ausstattete. Daraufhin – mit entsprechendem Druck von Seiten Contis wurden vier Continental GO-315 Vierzylinder Motoren mit einer Nennleistung von 175 hp an Cessna geliefert. Es handelt sich (das „G“ verrät es) um einen Motor mit Reduktionsgetriebe.

Am 23. Dezember 1955 hob das als Cessna 172 L bezeichnete Flugzeug zum ersten Mal ab. Die Kombination aus GO-315 und der leichten 172´er Zelle war wie sich der Ingenieur Lief Lomo und Testpilot Fritz Feutz erinnern „monströs“. Man hätte nicht sagen können, ob sich der Propeller oder das Flugzeug mehr drehen würden!

Leider gab es zunächst erhebliche Probleme mit dem Motorlauf und dessen Zuverlässigkeit. Speziell die Ölversorgung machte Probleme und es kam zu mehreren Notlandungen.

Die Probleme mit dem GO-315 waren nicht zu lösen. Die Maschine, nun als Cessna 175 bezeichnet, erhielt schlussendlich den Continental GO-300 Sechszylinder Motor mit einer Leistung von 175 hp. Es handelt sich hierbei im Prinzip um den verbreiteten O-300 (die 6-Zylinder Variante des O-200) der seine gesteigerte Leistung mittels einem 1:0.75 reduzierenden Getriebe bei einer maximalen Motordrehzahl von 3200 RPM mit 2400 RPM auf den Propeller abgibt.

Diese Kombination führte zur bis heute leisesten aller nicht bedruckten Cessna 1-Mots!

Cessna Testpilot Bob Stevens führte den Erstflug der umgerüsteten C-172 am 23. April 1956 durch. Der Erstflug der ersten „echten“ C-175 (N34265) fand am 30. Juli 1957 statt. Eine Variante mit einem GI0-300 Motor (I=Fuel Injected) wurde zwar im Flug getestet, aber nicht in Serie gebaut.

Obwohl es sich zellenseitig um ein bewährtes Flugzeug handelte, traten doch ein paar Probleme auf. Interessant ist, dass diese sämtlich durch den langsamer als normal drehenden Propeller entstanden.

Vibrationen der Cowling, hervorgerufen durch die 2x40 Vorbeiläufe der Propellerblätter an der Cowling pro Sekunde waren das größte Problem, dessen Lösung vielen anderen Cessnas (und anderen Flugzeugen) bis heute nützt. Jeder Vorbeilauf eines Blattes führt zu einem „Stoß“ gegen die Nasenkante der Cowling – dies war bekannt, die höhere Frequenz bisher sorgte jedoch zu keinen Resonanzen der 80 HZ Eigenschwingung der Zelle. Nun jedoch betrug sowohl der „Kick“ der Propellerblätter als auch die Eigenschwingung der Zelle 80 „Cycles per Second“ und führte somit zu einer Resonanzschwingung der gesamten Zelle.
Des Rätsels Lösung waren (und sind bis heute) die kleinen Shock Mounts die an Rumpf/ bzw. Brandschott angenietet sind und via Gummipuffern die Cowling halten/ dämpfen und somit entkoppeln. Kleines Teil, große Wirkung – und ihre Entwicklung geht auf die Cessna 175 zurück!

Nachdem der O-300 grundsätzlich ohne zusätzlichen Ölkühler auskommt, war ein Verzicht auf dieses Bauteil durch die höhere Leistungsabgabe und höhere Motordrehzahl des G0-300 nicht möglich. Die entsprechenden Versuche fanden ohne Materialschonung bei Vollast an einem Tag mit 38 Grad Celsius statt. Trotz dieser Versuche blieb das Triebwerk nicht störungsfrei. Kunden beklagten Zylinderschäden (Fresser) bei Laufzeiten zwischen 100 und 500 Stunden. Cessna selbst hätte hellhörig werden müssen – nach 180 störungsfreien Betriebsstunden zeigte der Motor Zylinderschäden in einem weiteren C-175 Prototypen (N6600A). Nach dem Ersatz eines Zylinders bei rund 190 Stunden versagten die restlichen Zylinder ihren Dienst nach insgesamt nur 217 Stunden.

Wie heute auch – der Hersteller will dafür selten geradestehen. So bezichtigte Conti damals Cessna falscher Einlaufprozeduren. Serienflugzeuge erhielten eine extra Flugstunde vor Übergabe an den Kunden und etwaige fehlerhafte Zylinder wurden sodann ausgetauscht und die Maschine erneut eingeflogen.

Das Problem war trotzdem nicht zu greifen. Teils waren die Motoren nach ein paar Stunden „im Eimer“, teils liefen sie problemlos bis zu ihrer TBO. Cessna zeigte sich recht großzügig und schadhafte Zylinder wurden der Überlieferung nach recht unbürokratisch ausgetauscht.

Zu einem Preis von rund 10.995 Dollar war der C-175 jedoch zunächst ein guter Erfolg beschieden. Im ersten Jahr der Produktion (1958) lieferte Cessna 702 Serienflugzeuge, im Folgejahr immerhin 536 Maschinen an Kunden aus.

Schwimmer-Umrüstungen wurden ebenfalls angeboten. Aufgrund der besseren Motorleistung im Vergleich zur Cessna 172 mit Schwimmern, konnte das Abfluggewicht von 2106 lbs bei den C-172 und C-170 Schwimmerflugzeugen auf 2350 lbs für die C-175 erhöht werden.

Vielleicht ein interessanter Aspekt der Schwimmer-Erprobung war die Tatsache, dass es im Zuge der Einführung des gepfeilten Seitenleitwerks bei der C-175A zu einem umgekehrten Wetterfahnen-Effekt gekommen ist: Bei bestimmten Anstellwinkel/ Seitenwindbedingungen drehte sich der Flieger „auf Stufe“ aus dem Wind heraus anstatt in den Wind hinein. Die Cessna Ingenieure führten dies auf eine ungewöhnlich große Rumpffläche in Verbindung mit einem relativ kleinen Seitenleitwerk VOR dem Auftriebsschwerpunkt der Schwimmer zurück. Der gleiche Effekt trat auch 1972 bei der Schwimmererprobung der Cessna 172M auf.
Wie auch bei anderen Cessna Schwimmerflugzeugen führte Cessna wieder die V-förmige Verstrebung über dem Instrumentenbrett ein, die dafür sorgte, Bewegungen des Vorderrumpfes bei Starts in Rauhwasserbedingungen zu minimieren.

Bei Versuchen mit stark schwanzlastiger Schwerpunktlage (kaum Sprit an Bord) kam es bei Testflügen zu einer Notlandung nach Treibstoffmangel des Schwimmerflugzeugs auf dem Gelände einer Farm. Die Maschine stoppte bereits nach rund 30 Metern. Durch 5 Mann angeschoben und lediglich 10 Gallonen Treibstoff an Bord hob die Maschine nach rund 380 Metern „Schleifstrecke“ wieder ab. Im Flug wurden etwaige Schäden an den Schwimmern durch eine andere Maschine kontrolliert – nachdem keine Schäden festgestellt wurden, landete die Maschine problemlos auf dem Grand Lake.

Aufgrund von Motorleistung und Schwimmerdesign ergaben sich beim Wasserstart Unterschiede zwischen den grundsätzlich ähnlichen C-170 und C-175: Die C-170 geht leicht auf Stufe, jedoch dann schwer vom Wasser. Die C-175 hingegen schwer auf Stufe – hat sie diese jedoch erreicht, geht sie leicht vom Wasser.

Die übrigen Leistungswerte von C-170 und C-175 liegen aufgrund der sehr ähnlichen Zelle und damit aerodynamischen Eigenschaften sehr dicht beisammen. Unterschiede sind allenfalls eine etwas bessere Start- und Höhenleistung der C-175 im Vergleich zur 170.

Interessanterweise wurde für die C-175 auch ein Ski-Kit angeboten. Die entsprechenden Erprobungen fanden ab 10. Januar 1958 in St. Paul/ Minn. durch Bob Stevens und den FAA Testpiloten Bob Faith statt.

Wie bei Cessna üblich, flossen Verbesserungen jährlich in die Produktionsmodelle ein. Ein größerer Schritt kam erst mit der Einführung des McCauley 2A31C21 Constant Speed Props mit der C-Version im Jahr 1962. Dieses Modelljahr wurde nur in der Ausstattungsvariante Skylark * verkauft womit dieser Beiname sinnbildlich für alle 175´er wurde: Kühlklappen, 100 lbs Erhöhung des MTOW und besagter Constant Speed Prop. Trotzdem wurden leider nur 117 Stück zu einem Basispreis von $ 14.125 verkauft. Dies war gleichzeitig das letzte Produktionsjahr der C-175.

Nichts desto trotz entstanden aus der C-175 mehrere leistungsgesteigerte Varianten der C-172, die man sozusagen als Nachfolger der Skylark ansehen kann: Die Variante P172D, auch „Skylark Powermatic“ oder „172 Powermatic“ genannt. Bei ihr handelte es sich um eine C-172D mit einem GO-300-E Triebwerk, Constant Speed Prop, „Omni Vision Window“, um 8 inch längerem Höhenleitwerk, einem MTOW von 2.500 lbs und einer Dienstgipfelhöhe von 17.000 Fuß. Leider war diesem Modell auch kein großer Erfolg beschieden: Nur 65 Stück wurden in den USA, 3 in Reims im Jahr 1963 gebaut.

Die erste 210 hp Version der C-172 folgte im Jahr 1962 – Flugerprobt von William Thompson ab 4. Oktober 1963. Hierbei handelt es sich um die bekannte „Reims-Rocket“, R172E bis R172K mit Conti IO-360-D. Bis 1981 ausschließlich in Reims gefertigt, trug die militärische T-41B (diese gefertigt in Wichita) freilich die gleichen Gene in sich.

Da die Reims Rocket mit bis zu 2800 RPM dahin dröhnte, folgte ab Juni 1976 die auf einen Continental IO-360-K um motorisierte R172K Hawk XP (X-tra Performance) mit einer Startleistung von 195 hp bei nur noch 2600 RPM, einem 76-inch Constant Speed Prop von McCauley und der zu dieser Zeit gebräuchlichen modernen Cowling-Form mit integrierten Landescheinwerfern. Mit einem MTOW von 2.550 lbs, einer Höchstgeschwindigkeit im Horizontalflug von 134 KTAS und einer Dienstgipfelhöhe von 17.000 Fuß stellt die Hawk XP auch heute noch das „top Tier“ unter den „fixed gear“ C-172´ern da. Sie tut dies leiser als eine Reims Rocket, zuverlässiger als eine Skylark und stellt durch ihren günstigeren Preis eine echte Alternative zur C-172SP dar. Ihre hervorragende Start- und Steigleistung lässt sie sogar mit der im Betrieb wesentlich teureren C-182 konkurrieren.

Die Einrüstung des GO-300 war ganz klar eine Sackgasse. Wie bei anderen Kolbenmotoren mit Getriebe auch, zeigten sich diese Triebwerke im Einsatz weniger zuverlässig und in Wartung und Überholung deutlich teurer als bewährte „Direct Drive“ Antriebe. Die C-175 brachte jedoch interessante Nachfolger hervor und half Cessna, aerodynamische Probleme bis zum heutigen Tag zu lösen.

*Skylark, Skyhawk, Skyhawk II, Skylane - das sind alles nur Ausstattungsvarianten, die jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch sinnbildlich für die gesamte Serie stehen, was eigentlich nicht richtig ist.