Geschichte der Cessna C305 Bird Dog

von Patrick Kisel

1949 war die US Army an einem neuen Verbindungsflugzeug interessiert, das ihre Altgedienten L-4´s und L-5´s ersetzen sollte. Cessna hatte damals keine Maschine in Planung oder Produktion, die für den geplanten Einsatzzweck geeignet gewesen wäre. Aus Zeitdruck heraus griff Cessna auf vorhandene Teile zurück – ein neuer Rumpf sollte zusammen mit einem kräftigen Motor und den Flügeln der C-170 zum Einsatz kommen.

Als Antrieb für die neue Maschine wählte Cessna den Continental O-470-11. Nachdem die Army großen Wert auf eine hohe Startleistung legte, schlug sich dies in 213 hp für den Start und 190 hp Dauerleistung nieder. Cessna ging darüber hinaus davon aus, dass die geplante Ausrüstung zu einer schwereren Maschine als den von der Army gewünschten 1000 lbs führen würde.

Ein Konstrukteursteam unter Tom Salter (Director) und Virgil Hacket (leitender Ingenieur) entwickelte die Zelle. Ingenieur W.V. Richardson sagte, dass dies wohl der hässlichste Rumpf sei, den er jemals auf ein Zeichenbrett gebracht hätte!

Nachdem das Leitwerk der C-195 zusammen mit den Flächen der C-170 zur Anwendung kamen, musste lediglich das Fahrwerk, der Rumpf, die Motorinstallation und die großen geschlitzten Klappen (mit maximalen Ausschlag von 60 Grad!) entwickelt werden.

Am 15. November 1949 wurden die offiziellen, gewünschten Spezifikationen von der US Army herausgegeben. Wie sich zeigte, würde hierbei das Hauptproblem eine gewünschte Landestrecke von nur 600 ft über ein 50 ft Hindernis sein. Das ganze natürlich bei maximalem Abfluggewicht!
Um diese Vorgabe zu erreichen wären Landeklappen mit viel Auftrieb und Wiederstand nötig. Zudem sollten diese Klappen manuell gefahren werden – und die Kräfte beim Ein- und Ausfahren mussten für den Piloten zu handeln sein.
Ein geändertes Klappensystem des C-170´er Flügels war die Lösung: Der Drehpunkt der Klappen wurde unter den Flügel gelegt.
Das Problem einer Startstrecke von 600 ft über ein 50 ft Hindernis bei maximalem Abfluggewicht war nicht so dramatisch – genügend Leistung stand mit 213 hp ja zur Verfügung. Allerdings musste die Maschine hierfür einen starren Propeller mit geringer Steigung erhalten - dies bewirkte auf der anderen Seite eine sehr geringe Reisegeschwindigkeit, da die mögliche Motorleistung nicht über 30 % liegen durfte um die Drehzahlgrenzen des Propellers/ Motors nicht zu überschreiten! Für die geplante Rolle als Beobachtungsflugzeug war dies jedoch kein Beinbruch.

Nachdem der Druckvergaser mehr Sprit förderte, als der Motor benötigte, war ein Sprit-Rücklauf nötig. In Abwandlung des Tankschalters der C-190/ C-195 wurde von Tom Salter ein eigener Trankschalter mit einfachen Ventilen entwickelt. Der überflüssige Sprit floss damit zurück in den Tank aus dem er kam.

Der Prototyp mit der Kennung N41694 wurde zwischen dem 8. September und dem 8. Dezember 1949 in 2.500 Arbeitsstunden gebaut. Hank Waring flog die Maschine zum ersten Mal am 14. Dezember 1949.
Die vorrangigsten Ziele der Flugerprobung waren das Fitmachen der Maschine für das geplante Vergleichsfliegen auf dem Wright Field. Weitere Ziele waren die Vermeidung von möglichen Problemen bei einer späteren CAA Zulassung (Civil Aeronautics Administration).

Am 29. Mai 1950 wurde Cessna zunächst mündlich zum Sieger gekürt - und ein Auftrag über 418 Flugzeuge erteilt. Der Koreakrieg führte 1950 zu auf einen Schlag zu einer extremen Beschleunigung des Zeitplans. Die Army wünschte eine erste Auslieferung im September 1951.

Um die geforderten Startleistungen zu erreichen, wurde eine Startgeschwindigkeit von Vx plus 5 mph gewählt (V x = Geschwindigkeit mit bestem Steigwinkel; Vy = Geschwindigkeit mit bester Steiggeschwindigkeit). Dies bedingte einen extrem steilen Steigflug bei einer sehr niedrigen Geschwindigkeit. Aus Sicherheitsgründen verlangte die CAA damals, dass die Maschine in der Lage sein sollte, einen Motorausfall während diesem steilen, langsamen Steigflug zu demonstrieren. Hierfür saß ein CAA Testpilot zusammen mit Hank Waring im Cockpit und ein CAA Team nahm die gesamte Demo mit Film- und Fotokameras auf.

Bei einem dieser Flüge war Hank ein klein wenig zu spät dran die Nase zu senken. Damit verlor er etwas zu viel Geschwindigkeit – diese fehlte ihm dann beim Ausschweben. Der Flare war tatsächlich fast nicht vorhanden und die Umherstehenden hörten das Knirschen von Metall auf dem Asphalt. Tatsächlich hatten sich die Fahrwerksbeine nahezu in eine horizontale Lage nach außen gedrückt – und sowohl den Bauch des Flugzeugs als auch die Propellerblätter aufschlagen lassen. Danach wurde die Maschine zurück in die Luft katapultiert. Hank gab Gas und die Maschine begab sich erstmal auf eine sichere Höhe um den Schaden zu begutachten!! Glücklicherweise kehrten die Fahrwerksbeine sofort wieder in die normale Lage zurück – nur die Bremsgehäuse waren angeschliffen und beide Propellerblätter fast genau gleich stark gekürzt wurden. Nach einer Platzrunde kehrte die Maschine zur Landung zurück – und nach einem Wechsel des Propellers gingen die Tests gleich weiter! Undenkbar heute….

Nach dem Beginn des Pilotentraings in Fort Sill, Oklahoma, wurde klar, dass die Fluglehrer große Schwierigkeiten mit dem Umstieg von der klappenlosen L-4 auf die mit L-19 mit ihren großen Landeklappen hatten. William Thompson wurde daher nach Ft. Sill geschickt um den dortigen Fluglehrern die neue 3-Punkt-Landetechnik beizubringen, mit der die Handbuchwerte erflogen wurden.

Bei diesen Flügen wurden natürlich stets die kürzesten und hindernisreichsten Flugfelder benutzt. Um sehr spektakuläre Bilder aufzunehmen, begab sich Thompson auf den hinteren Sitz – der Army Fluglehrer sollte von vorne filmen. Leider saß beim vorherigen Flug der Kommandierende Offizier der Einheit auf dem hinteren Sitz – weshalb der Steuerknüppel ausgebaut wurde. Der Steuerknüppel wurde zwar wieder eingebaut – es wurde jedoch versäumt den Sicherungsstift zu installieren.
Nun ja – Thompson sollte also von hinten fliegen… und um wirklich spektakuläre Bilder zu bekommen, zögerte er den Steigflug extrem weit hinaus – er wollte erst knapp vor den Bäumen hochziehen. In diesem Moment rutschte der Steuerknüppel aus seiner Halterung und die Maschine schoss auf die Bäume zu. Thompson brüllte „Nimm sie, nimm sie“ – doch der Fluglehrer sagte nur „mach ich“ – und meinte damit das Aufnahmen des Films!! Als die Maschine bereits durch die Baumwipfel schoss, reagierte der Fluglehrer und zog die Maschine hoch. Erstaunlicherweise verlor die Maschine beim Flug durch die Wipfel kaum an Fahrt und zeigte nicht einmal Erschütterungen. Nach der Landung zeigten sich überdies keine Schäden – nur jede Menge Flecken und andere Spuren der Blätter und Bäume.

Später erlebte dieser Fluglehrer noch andere ungewöhnliche Situationen: „Ich muss wohl ein Glückspilz sein – da übte ich mit einem Flugschüler Landungen auf einer kleine Straße. Unter uns fuhr ein Laster in gleicher Richtung – und ich landete, ohne den Laster zu bemerken, auf dessen Ladefläche – unser Propeller schlug ins Fahrerhaus – zum Glück ist nichts passiert!“

Im Winter 1950/ 1951 fanden Tests für den Betrieb mit Skiern und Schwimmern statt. Während Hank Waring im warmen New Orleans mit Schwimmern experimentierte, saß ein anders Testteam im eisigen Iowa City, wo sie bei -28 Grad Celsius feststellen mussten, dass der vorgewärmte Motor schlecht ansprang – und die Kabinenheizung eigentlich nur noch mehr kalte Luft erzeugte! Einziger Trost war die Tatsache, dass zur gleichen Zeit in Decorah, Iowa minus 42 Grad herrschten!

Früh im Testprogramm wurde an die Installation eines Verstellpropellers von Beech-Roby und eines Props mit 2 Pitch-Positionen gedacht. Der Leistungsgewinn rechtfertigte jedoch nicht das höhere Gewicht.

Mit dem Koreakrieg kamen von der US Army sehr schnell Forderungen für die Anbringung diverser Außenlasten. Entsprechend viele Testflüge wurden bei Cessna zur „Verträglichkeit“ dieser Lasten mit der L-19 durchgeführt. Zudem wurden bald selbst dichtende Tanks eingeführt. Die Maschine kam bei den Crews – die zunächst eher skeptisch waren, als sie von ihren L-5´s auf die L-19 wechselten, extrem gut an. Ein Army Captain meinte damals: „Wir können Cessna gar nicht genug danken. Wir hätten nie gedacht, dass es möglich ist eine kleine Maschine zu bauen, die über derart gute Flugleistungen verfügt wie die L-19.“

Um der Army noch mehr Leistung zu geben, wurden Tests mit Turbinen als Antrieb für die L-19 durchgeführt. Zur Anwendung kam die Boeing 502-8XT-50-1 Turbine mit einer Leistung von 210 shp. Die Maschine bekam die Bezeichnung XL-19B. Die Maschine hatte ihren Erstflug am 5. November 1952 – und der Army Kennung 21804.
Die 2. Turbine war eine französische Turbomeca Artouste I, Modell CT-51-T-1, die von Continental in Lizenz gebaut wurde und über 260 shp verfügte. Die Maschine wurde XL-19C genannt. Zwar war diese Maschine im Betrieb mit der einwelligen Turbine erheblich unschöner zu fliegen als die B – mit ihrem 2-Wellen-Triebwerk – sie war mit 182 mph jedoch die schnellste aller L-19´s.

Die Maschine mit dem Boeing Triebwerk hatte mit Flame-outs zu kämpfen, die zu 19 Außenlandungen führten – bis die richtige Treibstoffregler-Einstellung gefunden wurde. Dennoch – der hohe Treibstoffverbrauch der Turboprop-Triebwerke erwies sich als nicht praktikabel für ein niedrig fliegendes Beobachtungsflugzeug.

Boeing wollte aus PR-Gründen für ihre Turbine jedoch noch einen Höhenweltrekord mit der XL-19B aufstellen lassen. Nachdem der für diesen Test vorgesehene Ralph Price (der leichteste unter den Cessna Testpiloten) am geplanten Tag eine schwere Erkältung mit zum Dienst brachte, musste William Thompson einspringen. Er brachte an einem sehr heißen 16. Juli 1953 die XL-19B trotz seiner 195 lbs Lebendgewicht auf eine Höhe von 37.063 Fuß – Weltrekord in dieser Gewichtsklasse! In dieser Höhe bekam das Triebwerk einen Flame out und das Cockpit füllte sich mit Rauch. Zum Glück verzog sich der Rauch wieder und die Maschine segelte 45 Minuten lang gemütlich nach unten.

Später wurde von SIAI Marchetti eine stark modifizierte L-19 mit einer 400 hp starken Allision Turbine, Modell 250-B17 gebaut und als Modelle 1019 bezeichnet. Die Italienischen Streitkräfte setzen ~ 100 Maschinen davon ein. Start- und Landestrecken dieser Flugzeuge waren jedoch mit 630 bzw. 721 ft über denen der kolbenbetriebenen L-19 angesiedelt – ein Tribut an die wesentlich höheren Gewichte der SIAI-Variante.

Eine Agrarflugversion der L-19 wurde als Modell 325 in einer Anzahl von nur 4 Stück gebaut. Die Maschine verfügte über einen Streu-/ Sprühtank auf dem Rücksitz, über einen Constant Speed-Propeller und einen Motor mit einer Leistung von 230 hp. Zudem waren größere Räder und verstärkte Bremsen installiert.

Von 1950 bis ´54 produzierte Cessna 2.526 L-19, OE-1 und L-10A-IT Flugzeuge. Insgesamt betrug die Produktion schlussendlich 3.395 Stück.

 

Cessna 321 / OE-2

1954 forderte das US Marine Corps eine erheblich stärkere Version ihrer OE-1. Die Maschine sollte einen verbesserten Flak-Schutz für Piloten und Maschine bekommen, außerdem elektrisch betriebene Landeklappen und eine Instrumentenbeleuchtung. Zum Einsatz kam ein 265 hp starker Continental TSO-470-2 Motor in Verbindung mit einem Constant Speed Prop. Die Zelle wurde komplett neu gestaltet – und bekam die Flügel der C-180. Hiermit mussten die Klappenwinkel von 60 auf 40 Grad verringert werden. Ein der C-180 ähnliches Leitwerk mit größerer Fläche und einer Rückenfinne wurde eingebaut.

Die Maschine verfügte über eine Maximalgeschwindigkeit von 180 mph und eine Dienstgipfelhöhe von 26.000 ft. Der Prototyp flog zum ersten Mal am 19. August 1954 und trug das Kennzeichen N41767. Im Sommer 1955 begann die Auslieferung von 25 OE-2´s an das Marine Corps, dessen Piloten mit der Maschine sehr zufrieden waren. Ein steigender Preis und Haushaltskürzungen vereitelten die Lieferung weiterer Maschinen.

C-319 A

Das Modell C-319A war ein Testflugzeug, basierend auf der L-19A. Die Maschinen verfügten über ein ARADO genanntes System zur Grenzschichtbeinflussung. Ein Hydrauliksystem mit einer Leistung von 37 hp der Fa. Vickers (angebracht am hinteren Ende des Motors) trieb so genannte „Joy-Fans“ an, die Luft oberhalb der inneren, auf 75 Grad absenkbaren Klappensektion ansaugten und diese über der äußeren Klappensektion (auf 45 Grad absenkbar) und den Querrudern (abgesenkt auf 15 Grad) abbliesen. Kleine Unterschiede in der Leistung der Joy-Fans sorgen für unkonventionelle Überzieheigenschaften der Maschine. Der Erstflug fand am 19 November 1953 statt.

Die Flugeigenschaften waren recht interessant: Mit eingeschalteter Boundary Layer Control (BLC) betrug die Sinkrate bei voll ausgefahrenen Landeklappen 1.000 ft/ Minuten. War die BLC ausgeschlatet, so betrug die Sinkrate eher atemberaubende 7.000 ft/ Minute! In jedem Fall war die Bedienung des Flugzeugs eine echte Herausforderung.