Geschichte der Cessna C190/195

von Patrick Kisel

Das Ende der Airmaster kam in den USA mit dem Ausbruch des 2. Welkrieges – der Markt für privat zu nutzende Flugzeuge war schlichtweg kaum mehr existent. Zudem litt die Fertigung der Airmaster unter der aufwändigen Gemischtbauweise der Konstruktion. Ein Nachfolger musste daher diverse Verbesserungen (aber auch Vereinfachungen) aufweisen…

Im Frühjahr 1944 ging man bei Cessna an die Arbeit. Problematisch erwies sich die Knappheit an Personal – sowohl im konstruktiven (und zeichnerischen) Bereich als auch bei der Verfügbarkeit von Testpiloten und Mechanikern.

Der Erstflug der neuen Cessna 190 fand am 7. Dezember 1944 mit Testpilot Carl Winstead am Steuer statt. Dieser Prototyp verfügte noch über einen bespannten Stahlrohr-Rumpf und litt zunächst erheblich unter Problemen mit der Ölkühlung des 245 hp Jacobs Sternmotors.

Der 2. Prototyp der Cessna 190 erhielt einen 300 hp Jacobs Sternmotor – er flog am 15. Oktober 1945 erstmals. (=spätere Motorisierung der C 195)

Designmerkmale der Maschine waren (im Vergleich zu den Airmaster Modellen):

- Ganzmetallkonstruktion
- Vergrößerte Kabine im Vergleich zur Airmaster mit mehr Komfort
- Antrieb durch Jacobs R755-A2 (300 hp, Jacobs L-4MB (R-755-9) (245 hp), Jacobs R-755B2 (275 hp) oder Continental Sternmotoren W670-23 (240 hp)
- Wartungsfreundlichkeit durch nach links wegschwenkbaren Motorträger
- Wegfall der „Belly-Flap“ – Bremsklappe der Airmaster
- Vereinfachung des Fahrwerks durch Einsatz des von Steve Wittman entworfenen Federstahl-Fahrwerks
- Integration eines Constant-Speed-Propellers
- Höhere Fluggeschwindigkeit
- Verwendung des NACA 2412 Profils (wie später bei C150, 172, 180, 182, 187, 188 und vielen anderen Cessna Entwürfen)
- Ausstattung mit moderner Avionik zur Durchführung von Instrumentenflügen
- Ausstattung mit Steuerhörnern statt mit den bei der Airmaster verwendeten Steuerknüppeln.

Zu einem tödlichen Absturz (von nur 2 in der Geschichte der Cessna Aircraft Company) kam es im März 1946 als sich bei der Flattererprobung des 2. Protoyps im Sturzflug Teile des Leitwerks durch Flattern lösten und die Maschine in der Luft zerlegte. Testpilot Carl Winstead kam dabei zusammen mit dem an Bord befindlichen Mechaniker Z.T. Richley ums Leben. (Jahre später, im April 1970 ging der Prototyp der C 340 beim Jungfernflug mit Testpilot Don Evans verloren)

Zu lösende Probleme in der Flugerprobung der C 190/ 195 waren damals ein nicht perfektes Überzieh- und Trudelverhalten (Abhilfe u.a. durch Hinzufügung einer kurzen Rückenfinne), Spornradflattern, Spornradlenkung sowie unzureichende Beheizung der Kabine.

Die damals gültigen Zulassungsvorschriften der FAA beinhalteten u.a., dass eine Maschine nach einem stabilen 6 Umdrehungen dauernen Trudeln ohne Eingreifen des Piloten nach maximal 1 ½ weiteren Umdrehungen freikommen musste. Nachdem dies (nicht immer) gelang, wurde eine intensive Trudelerprobung gestartet – die in einem Fall den Piloten Hank Waring und William D. Thompson beinahe das Leben kostete. Aus abschließend nicht geklärten Gründen war es den beiden auch nach größten Anstrengungen nicht gelungen, ein in 10.000 ft begonnenes Trudeln wieder zu beenden – erst in 600 ft ließ sich die Maschine nach Abwurf der Tür zum Notausstieg (die Tür war zunächst nicht zu öffnen – wodurch der späte Abwurf erklärbar ist!) plötzlich problemlos aus dem Trudeln holen. Bei langwierigen, intensiven Trudelversuchen (mit abwerfbarem Trudelballast und installiertem Trudelschirm) konnte nie wieder eine derartige Situation herbeigeführt werden. Die C 190/ 195 gilt daher trotz dieses Zwischenfalls als sicher trudelndes Flugzeug.

Beim statischen Belastungstest der Maschine zeigte sich, dass bei erreichen der berechnete Belastungsgrenze kleine Falten in der Flügelbeplankung auftraten. Tatsächlich zur Freude der Ingenieure! Die Freude wich bald blankem Entsetzen, als die Belastung die berechneten Werte erreichte, weit überschritt und die Struktur weiterhin keinen Schaden nahm! Erst bei einer extrem hohen Belastung brach der Holm mit einem lauten Knall. Die Flügelspitzen hatten sich inzwischen um 66 cm (!!) nach oben gebogen!

Das Entsetzen der Konstrukteure rührte daher, dass die Konstruktion offenkundig ZU stabil ausgelegt war – und damit zu schwer. Nun, für die laufende Produktion war dieser Umstand nicht mehr zu ändern. Cessna lernte jedoch daraus und legte die Konstruktionen fortan etwas zu schwach aus. Es war günstiger, im Notfall (nach einem nicht bestandenen Belastungstest) Verstärkungen einzubauen, als von vorne herein die Konstruktion zu stark auszulegen.

Es ist der Fall eines Businessliner Kunden überliefert, der seine Maschine zur Kontrolle ins Werk zurück brachte. Die Maschine war im Wolkenflug ausser Kontrolle geraten und wurde beim Abfangen aus dem Sturzflug offenbar überlastet: Beide Flügelspitzen hatten sich um fast 30 cm verzogen und verdreht. An Reparatur war natürlich nicht zu denken – die Flügel mussten ausgetauscht werden. Jedoch ein erneuter Beweis für die Robustheit der Konstruktion.

1947 war die Cessna 195 die größte und schnellste einmotorige Maschine. Mit ihren 180 mph Top-Speed konnte sie sogar den damaligen Beech Bonanzas davonfliegen.

Hier die wichtigsten Daten auf einen Blick (C 195, 300 hp):
- Kabine für 1 Pilot und 4 Passgiere
- Leergewicht 2.050 lbs (=930 kg)
- Zuladung 1.300 lbs (=589 kg)
- Max. Abfluggewicht 3.350 lbs (=1.519 kg)
- Maximale Geschwindigkeit im Horizontalflug 181 mph (=291 km/h)
- Reisegeschwindigkeit 171 mph (=274 km/h)
- Dienstgipfelhöhe 18.300 ft

Bis 1954 wurden 1.180 Stück zu Preisen von zuletzt 16.500 Dollar für die 245 hp C-190, 15.795 Dollar für die 245 hp C-195A, 18.750 Dollar für die 275 hp C-195 B und 23.500 Dollar für die C-195 verkauft.

Davon sind heute noch in den USA und Kanada 702 Maschinen im Einsatz.

Mit einem recht hohen Sprit- und Ölverbrauch (2 Liter pro Stunde waren nicht unüblich) und dem hohen Kaufpreis kamen die Maschinen vor allem im Geschäftsreiseverkehr zum Einsatz. Für den privaten Bereich waren andere Cessna Modelle (z.B. 120/140) gebräuchlicher.

Heute gehören die Businessliner zu den begehrtesten, klassischen Flugzeugen überhaupt und werden hoch gehandelt.